2021 soll es losgehen: Der Mäckeritzgraben wird als Regenrückhalteraum dienen


2017 stand eine ganze Siedlung unter Wasser. Im Zuge zweier Starkregenereignisse im Juni und Juli wurden die Bewohnerinnen und Bewohner der Mäckeritzwiesen böse überrascht. Gärten waren überschwemmt, Wohnräume standen teilweise komplett unter Wasser, Möbel mussten entsorgt und Bäume gefällt werden – und das bei fast allen der insgesamt 180 Grundstücke. Dank der Hilfe von THW und einer vom Bundestagsabgeordneten Frank Steffel organisierten Spende konnten zunächst beträchtliche Wassermassen Richtung Hohenzollernkanal abgepumpt werden. Danach setzte dann ein rege Betriebsamkeit ein, damit für die Zukunft solche Überschwemmungskatastrophen ausbleiben. Die Wahlkreisabgeordnete Emine Demirbüken-Wegner wurde mehrfach  bei der zuständigen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz vorstellig. Das Bezirksamt Reinickendorf half in den folgenden Jahren immer wieder mit eigenen Maßnahmen und stand den Siedlungsvorständen sowohl mit Rat wie Tat zur Seite. Und es begann, das Entwässerungsproblem in die Entwicklung des angedachten Bebauungsplanverfahrens einzuarbeiten. Schließlich folgerte ein vom Senat in Auftrag gegebenes Gutachten, dass die Reaktivierung des sogenannten Mäckeritzgrabens, der vor mehr als drei Jahrzehnten „aufgegeben“ wurde, notwendig sei. Damit sich dieses Szenario nicht wiederholt, hatte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eine Hilfe in Höhe von 1,5 Millionen Euro aus Siwana-Mitteln (Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds) für den Überschwemmungsschutz zugesprochen.

Dennoch, drei Jahre lang bangen die Anwohner der Mäckeritzwiesen und des Singdrosselsteigs nunmehr. Zwar regnete es seit 2017 nicht mehr in dem Maße, dass sich die Überschwemmungen wiederholen konnten. Dennoch blieb ein großes Stück Unsicherheit bei den Siedlern bestehen. Lange tat sich nach ihrem Gefühl nichts, jetzt scheint deutlich Bewegung in die Sache zu kommen. Gemeinsam mit dem Bezirk Reinickendorf und den Berliner Wasserbetrieben suchten die Verantwortlichen nach Maßnahmen. Nun ist eine Lösung gefunden. So informierte der Bezirksbürgermeister Frank Balzer die Siedler am 28.10.2020. Im Auftrag des Senats haben die Berliner Wasserbetriebe (BWB) ein externes Ingenieurbüro beauftragt, eine Vorplanung für eine ordnungsgemäße Entwässerung des Siedlungsgebiets zu erstellen. Die erste Idee eines großen Regenrückhaltebeckens, sogenannte Retentionsflächen, kann mangels ausreichender Flächen nicht weiterverfolgt werden. Daher haben sich die Siedlervorstände, die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, das Bezirksamt Reinickendorf und die Berliner Wasserbetriebe für die Verrohrung des Mäckeritzgrabens als Kanal entschieden. Über offene Rinnen soll das Regenwasser der Wege in den Graben gelangen, das Wasser der Grundstücke wird über Einlaufschächte eingeleitet. Gleichzeitig dient der Mäckeritzgraben zukünftig als Regenrückhalteraum. Am südlichen Ende des Grabens soll ein Sammelbecken errichtet werden, das Regenwasser auffängt. Dort soll ein Pumpwerk das Regenwasser bei Bedarf in den Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal ableiten.

Die Anwohner der Siedlung Mäckeritzwiesen und des Singdrosselsteigs werden sich mit der Umsetzung allerdings noch gedulden müssen. Derzeit treibt das Bezirksamt Reinickendorf das Verfahren zum Bebauungsplan voran. Der Staatssekretär für Umwelt und Klimaschutz, Stefan Tidow, geht von einem Beginn der Baumaßnahmen Anfang 2021 aus, die Dauer wird auf ein Jahr geschätzt. Unterdessen sind die Anwohner nach Rücksprache mit den Verantwortlichen weiterhin selbst tätig gewesen und haben eine Übergangslösung gebaut. Den ehemaligen Mäckeritzgraben haben sie bei Hilfestellung durch das Bezirksamt gemeinsam wieder ausgegraben und am Ende des Grabens eine Pumpe installiert, die das überschüssige Oberflächenwasser – Grundwasser wird nicht abgepumpt – durch ein Rohr in den Berlin-Spandauer Kanal leitet. Der Graben wurde nach Angaben des Senats bereits 1994 als Gewässer zweiter Ordnung entwidmet und dem Bezirksvermögen des Bezirks Reinickendorf zugeführt; ein Teil des ehemaligen Grabens wurde von den Siedlern verfüllt, um den gesetzlichen Bestimmungen und Auflagen der Berliner Feuerwehr zum Brandschutz der bestehenden Bebauung zu entsprechen.

Auf die Siedler wird allerdings einiges an Kosten zukommen. Da aus den SIWA-Mitteln nur Maßnahmen auf öffentlichen Flächen finanziert werden können – das heißt beispielsweise im Graben selbst, denn dieser ist Teil des Bezirksvermögens Reinickendorf – sind die Wege und Grundstücke im Siedlungsbereich nicht mit inbegriffen, da es sich um private Flächen handelt. Konkret bedeutet das: „Durch die SIWA-Mittel werden die Grabenverrohrung mit Einlaufschächten, der Rückhalteraum im südlichen Bereich des Grabens und das Pumpwerk finanziert“, sagt die Senatsverwaltung. Was noch nicht geklärt ist, sind die Unterhaltungskosten der gesamten Anlage – der Senat kann zu jetzigem Zeitpunkt noch keine Angaben machen.  Die baulichen Maßnahmen im privaten Bereich müssten von den Anliegern selbst finanziert werden, also Kauf und Einbau von Regenwassertanks mit Tauchpumpe und der Wegebau mit Rinnenentwässerung. Der Wegebau ist entsprechend den Festlegungen des Bebauungsplanes umzusetzen, so das Bezirksamt.

Die mittels Bebauungsplanentwurf geplanten Festlegungen wurden den Siedlungsvorständen in dem weiteren Informationsgespräch Ende Oktober durch Bezirksbürgermeister Balzer (CDU) vorgestellt. Hauptbestandteil des Informationstreffens waren u.a. die für die öffentliche Zugänglichkeit notwendigen Wegeführungen, damit insbesondere Feuerwehr- und Polizeieinsätze, aber eben auch die Befahrbarkeit durch die sogenannten ‚Versorger‘ gewährleistet werden. Weitere Notwendigkeiten ergeben sich aus dem Bau der für die Ableitung des Niederschlagwassers notwendigen Gräben und Sammelbecken in den einzelnen Siedlungsabschnitten. Dazu müssten allerdings tlw. Flächen von den Grundstücken hergegeben werden. Nicht alle derzeit vorhandenen Wegeführungen besitzen aktuell die notwendige Breite. Es wurde seitens des Bezirksamtes nochmals darauf verwiesen, dass die Investition der öffentlichen Gelder allein nicht den notwendigen Umfang aller gebotenen Maßnahmen ausfinanziert. Auch die Siedler müssten erneut investieren. Überschlägig würden dies knappe 20.000 € pro Grundstückseinheit sein. Diesen weiteren Geldausgaben stünden neben der dann vorhandenen endgültigen Rechtssicherheit auch eine langfristige Wertsteigerung von Grund und Boden gegenüber, nicht zuletzt auch durch die Einstellung des Flugbetriebes am TXL bedingt.  „Wir können hier nach jahrzehntelangen Hin und Her endlich ein bauplanungsrechtlich gesichertes Wohngebiet schaffen. Die Menschen in den Mäckeritzwiesen würden für sich wie für ihre Kinder und Kindeskinder oder Rechtsnachfolger endlich eine gefestigte Rechtsbasis für die vorhandene Bebauung genauso wie für künftige Bebauungen erhalten.“ fasst die an den Gesprächen beteiligte Wahlkreisabgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) die sich abzeichnende Rechtssituation zusammen. „Den Siedlungsvorständen fällt nun die wahrlich nicht leichte Aufgabe zu, innerhalb ihrer Gemeinschaften für diesen Entwurf einer Lösung zu werben und gegenüber dem Land Berlin und dem Bezirksamt Reinickendorf einen rechtsfähigen Partner als sogenannte ‚Eigentümergemeinschaft' zu begründen. Es ist daher wichtig, dass die Siedler zeitnah sich zusammenfinden und hoffentlich eine grundsätzliche Bereitschaft für dieses Modell erklären. Dann werden weitere Termine zur Finalisierung folgen müssen.“ Auch Bezirksbürgermeister Balzer sieht die Notwendigkeit schnellen Handelns: „Die Verfügbarkeit der öffentlichen Mittel wird angesichts der sich pandemiebedingt abzeichnenden Haushaltslage künftiger Jahre nicht größer werden.“