ByeBye TXL

Das war der Flughafen Berlin-Tegel „Otto Lilienthal“


Um ehrlich zu sein: meine Berlin-Geschichte beginnt nicht mit dem Flughafen Berlin-Tegel sondern mit dem DDR-Flughafen Schönefeld. Viele Gastarbeiterfamilien kamen zunächst über diesen Flughafen vor den Toren der 4-Mächte-Stadt Berlin nach Westberlin. Mein Vater arbeitete bereits als gelernter Tischler in Stuttgart. Gleiches Gehalt plus 8% Berlin-Zulage ließen ihn das Arbeitsangebot eines auf die Belieferung des Öffentlichen Dienstes spezialisierten Büromöbelausstatters annehmen. Er zog ein gutes Jahr nach seiner Ankunft in Deutschland nach Westberlin. Eine Wohnung direkt an der Berliner Mauer -uns trennten ca. 2m davon- war auch gefunden. Meine Mutter zog zusammen mit meinem kleineren Bruder und mir nach. Ihr winkte eine Stelle beim Gartenbauamt Neukölln, wo sie im übrigen bis zur Berentung auch blieb. Der erste Eindruck des 6-jährigen Mädchens waren die mürrischen Gesichter der DDR -Grepos in Schönefeld, dann noch viel mehr am Grenzübergang Waltersdorfer Chaussee.


Tegel, dieser mir ans Herz gewachsene Flughafen, sollte erst ab Mitte der 1970er Jahre für mich Bedeutung gewinnen. Denn dann fingen die jährlichen Flüge für die Besuche in der Türkei an. Auch Kurzbesuche zu bestimmten Familienanlässen erlaubten Flüge, meist mit der amerikanischen Fluggesellschaft Dan-Air. Noch immer war es Gesellschaften, die nicht französisch, britisch oder amerikanisch registriert waren, verboten, die Luftkorridore von und nach Westberlin zu nutzen.  Erst mit dem Studium begann für mich die „eigene“ Zeit des TXL. Spätere Aufenthalte in den USA oder in Asien starteten für mich von Berlin-Tegel. Eine Afrika-Rucksackreise nahm ihren Ausgang vom Terminal A. In meiner Zeit beim Sender Freies Berlin war der Flughafen Ort wie Objekt der Berichterstattung. Ungezählt sind die privaten Reisen in alle vier Himmelsrichtungen. Und mein politischer Werdegang ist ohne den TXL gar nicht denkbar.


 

  

Ich verlor in Tegel Koffer, ich blieb bei manchen Piloten- oder Flugbegleiterstreik am Boden. Ich sammelte Strafmandate wegen falschen Parkens und verzweifelte an Verspätungen, die meine Terminplanung über den Haufen warfen! Ich suchte meine Kinder im Gewusel der Überfüllung der letzten Jahre und genoss den Latte Macchiato einer „gewöhnungsbedürftigen“  Flughafen-Gastronomie. Berlin-Tegel, dieser Flughafen wurde für mich irgendwie zu einem besonderen Stück Lebensraum - wohne und arbeite ich doch im bzw. vom Bezirk aus fast zwei Jahrzehnte.

Nun ist es Zeit „Bye Bye TXL“ zu sagen. Es war für mich Anfang November ein langer und sehr sentimentaler Rundgang durch einen fast geschlossenen Flughafen. Er war für mich auch immer eine Art Alter Ego: zwar laut, hektisch, manchmal chaotisch - aber eben verlässlich, belastbar, immer erreichbar! Ein guter alter Freund wird verabschiedet. Ich werde immer an ihn denken!
  


 

Emine Demirbüken-Wegner

 
Das war der Flughafen Berlin-Tegel „Otto Lilienthal“:

Der Code der ‚International Air Transport Association‘ (IATA) macht jeden Flughafen eindeutig identifizierbar. Daher kommt das Kürzel TXL.

Betreiber des TXL ist die ‚Berliner-Flughafen-Gesellschaft mbH‘, eine Tochtergesellschaft der ‚Flughafen Berlin Brandenburg GmbH‘ (FBB).

Die Fläche des TXL beträgt 461 Hektar, das entspricht etwa 645 Fußballfeldern. Es existieren 5 Terminals (A-E). Im Zuge der Berlin-Blockade durch die Sowjetunion 1948/49 wurde am 5. August 1948 mit dem Bau des Flughafens begonnen. Die erste Landung eines Flugzeuges fand am 28. Oktober 1948 statt. Diese erste Maschine war eine Douglas C-54 „Skymaster“ der US-Air-Force. Der Beginn des zivilen Luftverkehrs fand mit der Landung einer Lockheed „Super Constellation“ der Air France auf dem Flugfeld der später von der Regierungsflotte der Bundesrepublik Deutschland genutzten Nordfläche am 2. Januar 1960 statt.

Bereits Mitte der 1960er Jahre begannen die grundsätzlichen Planungen zur Erweiterung des TXL. Die Einweihung des sechseckigen Hauptterminals fand am 23. Oktober 1974 statt. Der Bau des zweiten geplanten Sechsecks wurde zu dieser Zeit  aus Gründen des Anwohnerschutzes sowie zeitweise deutlich sinkender Fluggastzahlen –das Vier-Mächte-Berlin-Abkommen erleichterte den Transit am Boden erheblich- verworfen. 

Ab 1975 wurden aus Landesmitteln umfangreiche Lärm- und Schallschutzmaßnahmen im umliegenden Westberliner Gebäudebestand in den Bezirken Reinickendorf und Spandau ko-finanziert.









Zur offiziellen Eröffnungsfeier am 1. November 1974 kamen damals die vier größten Passagiermaschinen der Welt zusammen. Die amerikanische Fluggesellschaft PAN AM ließ eine Boing 747-100 „Jumbo Jet“ landen. 









Die Air France schickte einen damals neuen Flugzeugtyp, den Airbus A300-B2. British Airways  kam mit einer Lockheed L-1011 „Tristar“. Die damals Tegel anfliegende größte Chartergesellschaft Laker-Airways ließ eine McDonnell Douglas DC-10 landen.  Es sollte aufgrund der deutschen Teilung noch weitere 16 Jahre dauern, ehe am 28. Oktober 1990 mit dem Lufthansa Airbus A310-300  „Donaueschingen“ die erste offizielle deutsche Linienmaschine auf dem TXL landete.

Der TXL verfügt über zwei Landebahnen. 

  


Beide sind 46 Meter breit. Die erste misst 2.428 Meter, die später angelegte zweite Landebahn ist 3.023 Meter lang. Die letzte Erweiterung wurde 2012 in Betrieb genommen.  Die Passagierkapazität war eigentlich incl. der Um- und Neubauten auf 12 Mio. Fluggäste pro Jahr ausgelegt. Schon seit 2003 überschritt der TXL  die eigentlichen Kapazitäten, 2019 zählte man über 24 Mio. Passagiere. 

 
Am 8. November 2020 wird der Flugbetrieb endgültig eingestellt. Die FBB wird den Flughafen TXL aus Sicherheitsgründen noch sechs weitere Monate betriebsbereit halten. Dann ist die Betriebsgenehmigung unwiderruflich endgültig erloschen.