KOSTENEXPLOSION BEI UNTERBRINGUNG VON GEFLÜCHTETEN – UND DANN EINE MUF AM PARACELSUSBAD?

Die Kosten für die Unterkünfte und den Lebensunterhalt der Geflüchteten in Berlin liegen deutlich über dem, was der Senat bei der Aufstellung des Haushalts im vergangenen Jahr eingeplant hat. Dies ist das Ergebnis einer entsprechenden Berichterstattung der Senatssozialverwaltung im Berliner Abgeordnetenhaus. Aktuell berichten die Medien darüber. Die Kostenexplosion liege lt. Senatsverwaltung allerdings nicht an einem bedeutenden Zuzug weiterer schutzsuchender Menschen in die Stadt.
Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) weist in seiner Statistik bis Ende September 2020 exakt 3250 Zugänge aus. „Das sind bislang nur halb so viele Personen, wie 2019 aufgenommen wurden. Dennoch hat die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Soziales in den Verhandlungen über den Nachtragshaushalt zu den bisher bereits eingeplanten Summen einen zweistelligen Millionenbetrag beantragt, um zusätzliche Leistungen zum Lebensunterhalt bezahlen zu können.

Jeweils 21,4 Millionen Euro zusätzlich will Senatorin Elke Breitenbach (Linke) für 2020 und 2021 vom Abgeordnetenhaus bewilligt bekommen. Dann würden in beiden Jahren je 93 Millionen Euro nach dem Asylbewerberleistungsgesetz an die Geflüchteten gehen. Das sind acht Millionen Euro mehr als 2019. Allerdings hatte das Haus Breitenbach auch seinerzeit die Kosten deutlich geringer eingeschätzt. Ursprünglich waren nur 37 Millionen Euro vorgesehen.

Die Begründung des Anstiegs der Lebenshaltungskosten in diesem Jahr wirft Fragen auf. Denn die Behörde hat sich bei der Aufstellung des Budgets massiv verschätzt. Von 17.000 Leistungsempfängern in zwei unterschiedlichen Leistungskategorien waren Breitenbachs Leute ausgegangen, davon sollten 2300 in Wohnungen leben.

Tatsächlich zeigt die aktuelle Statistik eine sehr viel höhere Zahl von Begünstigten, nämlich fast 25.700. Allein in den Wohnungen leben mehr als doppelt so viele Personen wie angenommen.

Selbst wenn ein Teil der Geflüchteten aus den beiden Kategorien nach den Paragrafen 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes Geld erhalten, bleibt eine erhebliche Fehlplanung. Derzeit gibt die Senatsverwaltung die Zahl der Leistungsempfänger mit 21.244 an. Sie bekommen maximal 351 Euro im Monat oder, wenn sie schon länger als 18 Monate in Deutschland sind, bis zu 441 Euro.
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Im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses erklärte der rot-rot-grüne Senat, wie sich die höheren Kosten erklären: Neben dem Verweis auf die aktuelle Statistik gibt es weitere sachliche Gründe für die abweichenden Zahlen. Die Summen für den Haushalt seien schon Ende 2018 angemeldet worden, mit entsprechenden Unsicherheiten in der Prognose. Die Senatsverwaltung gibt zu, dass der Zugang von Asylbegehrenden in 2020 bisher geringer sei als 2018 angenommen. Damit liegt der Zuzug unter dem Vorjahresniveau. Laut Senat stehe aber eine in Folge der Corona-Covid19-Pandemie verlängerte Dauer der Asylverfahren und viele Klagen gegen ablehnende Bescheide. Das führe dazu, dass weniger Leistungsberechtigte aus der Zuständigkeit des Flüchtlingsamtes LAF in die Obhut der normalen Sozialbehörden wechseln, wo sie als anerkannte oder dauerhaft geduldete Geflüchtete Grundsicherung bekämen.

Ich selbst wie auch beteiligte Fachleute können dennoch nicht nachvollziehen, wie ein absoluter Zugang von 3250 Menschen zu einem mehr als doppelt so hohen Anstieg der finanzierten Personen führen kann. Das Flüchtlingsamt hat akkurate Zahlen geliefert.Aber offenbar seien im Zuge der Haushaltsberatungen die Daten nach unten gerechnet worden, um im festgesetzten Rahmen der Ausgaben bleiben zu können. Jetzt wird im Nachtragshaushalt, der wegen der Zusatzkosten und Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie aufgestellt wird, der zusätzliche Ausgabenblock in aller Stille mit durchgewinkt.

Der Anstieg der Kosten für den Lebensunterhalt ist aber noch nicht einmal die größte zusätzliche finanzielle Last. Die Ausgaben, um die Menschen in Berlin unterzubringen, liegen nach Daten der Senatsfinanzverwaltung im laufenden Jahr um 110 Millionen Euro über Plan. Diese Zusatzkosten entstehen vor allem deswegen, weil der Neubau von Wohnräumen für Geflüchtete beziehungsweise der Umzug in normale Wohnungen nicht so schnell geht wie erwartet und die Menschen weiter in den teuren Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen.

Die Hälfte der 19.000 Bewohner, die in den vom LAF finanzierten Heimen leben, hätten inzwischen keinen Flüchtlingsstatus mehr. Ein Großteil der geplanten Modularen Unterkünfte für Geflüchtete (MUF) befinde sich „weiterhin in Vorabstimmung, in Planung oder in Errichtung“, heißt es aus der Senatsverwaltung. Auch seien in einigen nun länger genutzten Heimen oder Containersiedlungen Sanierungsarbeiten nötig geworden. Zudem hätten die europaweiten Ausschreibungen für den Betrieb der Heime nicht wie gehofft niedrigere Tagespauschalen gebracht. „Durch die erfolgten Vergaben sind diese Erwartungen nicht in Gänze erfüllt worden“, so Breitenbachs Verwaltung. Und auch die Corona-Pandemie habe die Kosten steigen lassen. Eine eigene Quarantäneunterkunft sei eingerichtet, die Räume generell weniger dicht belegt. Auch die „Entzerrungsstrategie“ des Landes Berlin, mit der eine großflächige Ausbreitung des Virus in den Unterkünften vermieden werden soll, sorge für höhere Kosten.
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Diese neuen Informationen sind für mich als Wahlkreisabgeordnete ein erneuter Grund, die Planungen für eine weitere MUF am Paracelsusbad als vollkommen unsinnig und eine Verschwendung von Steuegeldern zu betrachten. Ich würde mir wünschen, der SPD-Grüne- Linke-Senat nähme dieses Geld für einen Schulneubau und/oder die Erweiterung der vorhandenen Schulkapazitäten in den Ortsteilen Reinickendorf-West, -Ost und Wittenau in die Hand.

(*) zitiert aus der Berliner Morgenpost


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