IM PORTRAIT: Emine Demirbüken-Wegner

„Im Grunde bin ich in Deutschland zweimal angekommen.“ sagt Emine Demirbüken-Wegner

Die Deutsche mit türkischen Wurzeln folgte als 8-Jährige mit ihrer Mutter und dem kleineren Bruder dem Vater. Dieser war bereits in Deutschland, als Tischler angeworben, zunächst im Südwesten der Republik, dann in Westberlin. Sie sprach kein Wort Deutsch, die Schule war auf diese Gastarbeiterkinder nicht vorbereitet. Vier Monate still in der Klasse sitzen, nichts verstehen, nichts sagen, eine Herausforderung der besonderen Art. „Ich hatte keine Wahl und sagte mir: wenn Du nicht untergehen willst, musst Du lernen!

Irgendwann in der Schulzeit planten die Eltern den Gang in die Türkei zurück. Die älteste Tochter wurde vorausgeschickt. Und auch dort begegnete sie erneut Mauern: „Ich war die Almanci, die Deutschländerin.“. Wieder schlug ihr Skepsis entgegen. Zudem herrschten unruhige Zeiten, das Militär putschte, Diktatur, Willkür und Bürgerkrieg breiteten sich aus.

Demirbüken-Wegner berichtete ihren Eltern. Gemeinsam wurde entschieden, dass die Familie in Deutschland bleibt. „Mit der Hochschulreife in der Tasche bin ich wieder nach Berlin, meine zweite Ankunft.“ Dieses Mal gab es für sie kein Zurück. Sie hat studiert, einen ordentlichen Beruf ergriffen, später eine Familie gegründet und politische Karriere gemacht.

Die Erfahrungen der Kindheit und Jugend, die Hartnäckigkeit haben sie dabei weit getragen.

Emine Demirbüken-Wegner war Journalistin beim SFB, 18 Jahre lang kommunale Integrationsbeauftragte, Staatssekretärin für Gesundheit, Mitglied im Präsidium der CDU Deutschland und saß 10 Jahre im Abgeordnetenhaus. „Ich bin durch und durch Berlinerin“, sagt sie und bezeichnet sich selbst als überintegriert: „Mein Mann sagt: Du bist preußischer als ich.

Früh begann Demirbüken-Wegner sich gesellschaftlich und ehrenamtlich in NGO’s vornehmlich zu Fragen der Integration zu engagieren. Die Liste ihrer damaligen Ehrenämter ist lang. Fast 20 Jahre war sie dabei, ehe die Politik sie rief. Nun beschäftigte sie sich vor allem mit den Themen Bildung, Jugend, Familie, Gesundheit und bürgerschaftliches Engagement. „Ich wollte nicht aus der Nische heraus nur Integrationspolitik machen, aber mein Blick dafür war und bleibt immer geschärft“, sagt sie.

Ihr Politikhorizont ist also weit offener. Als Gesundheitspolitikerin beschritt sie ab 2011 neue Felder im Berliner Regierungshandeln. Der Integrierte Maßnahmenplan gegen sexualisierte Gewalt sucht bis heute seinesgleichen in Deutschland. Das Thema Gesellschaftliche Partizipation öffnete sie als Parlamentarierin weit über das Übliche hinaus. „Einsamkeit in unserer Gesellschaft ist nicht erst seit Corona ein Problem. Es ist ein wachsendes Übel und betrifft alle Altersgruppen.“.

Seit Januar diesen Jahres ist Emine Demirbüken-Wegner – oder kurz EDW, wie sie von vielen liebevolle genannt wird – in ihrem Heimatbezirk Berlin-Reinickendorf als stellvertretende Bezirksbürgermeisterin aktiv. Für eine große Vielzahl von Reinickendorferinnen und Reinickendorfer ein wichtiger Gewinn für unseren Bezirk.

(me)

FROHNAU - Die Gartenstadt - erleben & genießen - Magazin #40 | Jan. 2022 (pdf-download)