Ilse Schendel bleibt gelassen bei „102“
Ein Wiedersehen aus erfreulichem Anlass feierten gestern Ilse Schendel, die am 4. Juni ihr 102. Lebensjahr vollendet hatte, und Reinickendorfs Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner. Wie schon beim Geburtstag vor einem Jahr gratulierte die Bürgermeisterin im Namen des Bezirksamtes herzlich zu diesem wundervollen Jubiläum.
Noch immer präsentierte sich die Jubilarin lebenslustig und mit feinem Humor. Nie hätte sie gedacht, einmal so alt zu werden. Die Zahl „102“ finde sie „nicht sehr kribbelnd“, aber sie wolle nicht klagen. „Mir geht es gut“, betont sie mehrfach mit einem Lächeln. Nur die Beine wollen nicht mehr so recht und manchmal falle es ihr etwas schwer, sich zu konzentrieren. Beim Kochen etwa oder beim Lesen. „Auch das Gedächtnis lässt langsam nach“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Doch all das nimmt sie mit einer bemerkenswerten Gelassenheit: Alterserscheinung begegnet sie mit Charme und Selbstironie.
Ihre Tochter, ihre Enkel und Ur-Enkel, die alle in unmittelbarer Nachbarschaft, quasi als ein Vier-Generationen-Campus, um sie herum leben, tragen wesentlich zu ihrem Glück und zu ihrer Zufriedenheit bei.
Dabei war ihr nicht immer zum Lachen zumute. Die Kriegszeiten hatten sie in ihrer Jugend einschneidend geprägt. Später schloss Ilse Schendel eine Lehre als Schneiderin am Kurfürstendamm ab. Ausgelernt arbeitete sie dann u.a. für die Firma „Theaterkunst“, die damals Berliner Theater mit Kostümen versorgte. Als sich eine Direktorin selbstständig machte und ein Atelier am Theater des Westens eröffnete, nahm sie Ilse Schendel mit. So lernte sie im Lauf der Jahre manchen Prominenten kennen, denen sie gekonnt zu ganz besonderen Kleidungsstücken verhalf. Maßgeschneidert waren auch die Turnierkleider, die sie später in Tegel fertigte, etwa für die noch heute bekannte Tanzschule Mangelsdorff.